Ostbergisch

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Das zum Nordniederfränkischen gehörende Ostbergische (grün) und Kleverländische (blau)

Ostbergisch oder auch Ost-Bergisch ist eine germanistische Sammel- und Behelfsbezeichnung für eine kontinentalgermanische Dialektgruppe, die sowohl über nord- und südniederfränkische als auch über südwestfälische Spracheigenschaften verfügt[1] und deren eindeutige dialektale Zuordnung dadurch erschwert wird, dass es sich hierbei um eine sprachliche Interferenzzone, also um ein sprachliches Übergangsgebiet handelt.

Namensherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geografisch befindet sich diese Sprachregion im Osten des Bergischen Landes, sodass „Ostbergisch“ in die Germanistik eingeführt wurde, um diese spezielle Region nicht explizit als „Niederfränkisch“ oder „Westfälisch“ zu klassifizieren.

Linguistische Zuordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Dialekte NRWs gliedern sich mit Hilfe der Benrather Linie und der Einheitsplurallinie in drei Sprachräume: Westfälisch (Essen, Bocholt, Dortmund), Niederfränkisch (Kleve, Duisburg, Düsseldorf) und Mitteldeutsch (Köln, Aachen, Siegburg). Essen grenzt an das Niederfränkische bzw. Ostbergische.[2] Die Benrather Linie trennt den niederfränkischen vom mittelfränkischen Sprachraum […]. Das Niederfränkische gliedert sich wiederum in drei Areale, für die sich die Begriffe Kleverländisch, Südniederfränkisch und Ostbergisch anbieten.[3] Mölmsch Platt, der Dialekt um Mülheim an der Ruhr, gehört zu Ostbergisch, einer niederfränkischen Mundartgruppe im Bergischen Land.[4] Aufgrund ihrer augenscheinlich mehrheitlich nordniederfränkischen Spracheigenschaften werden die ostbergischen Dialekte vielfach zum Kleverländischen gezählt, obgleich Georg Wenker sie 1877 den westfälischen Dialekten zurechnete.[5] Das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (LVR) führt Ostbergisch als eigenständige zum Niederfränkischen gehörende deutsche Dialektgruppe auf, die südöstlich des Kleverländischen, östlich des Südniederfränkischen und westlich des Westfälischen angesiedelt ist.[6]

Dadurch, dass man Ostbergisch gelegentlich zum Nordniederfränkischen rechnet, wird es auch als eine weitere „niederländische Varietät“ bezeichnet, obwohl es durch die deutsche Standardsprache überdacht ist.

In der Wahrnehmung der einheimischen Bevölkerung, sofern diese noch Dialekt spricht, finden sprachwissenschaftliche Betrachtungen keinen Niederschlag. Man benutzt landläufig die Bezeichnung Bergisch oder Platt für die eigenen Dialekte.

Geografische Lage nach Isoglossen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Ostbergische befindet sich nördlich der Benrather Linie, die es von den ripuarischen Dialekten des Oberbergischen Landes trennt. Ferner befindet es sich östlich der Uerdinger Linie, was es vom Südniederfränkischen trennt. Von den übrigen Orts- wie westfälischen Dialekten ist es durch die ihm östlich benachbarte und sich nach Norden abschwächende „Westfälische Linie“ getrennt, was hier seinen Übergangscharakter betont.[7][8] Germanistisch wird sie zur Abgrenzung des reinen Niederfränkisch und dessen ripuarisch beeinflusster Variante (Südniederfränkisch) herangezogen.[9] Von den südkleverländischen Dialekten ist es im Norden durch die ok/ouk-Linie geschieden.[10] Jan Goossens zitiert diesbezüglich Theodor Frings, der feststellte, dass das Niederfränkische nie k-Promina besessen habe, dass diese Übernahmen aus dem angrenzenden Mittelfränkischen (Ripuarisch) seien.[11] Da die Uerdinger Linie weitestgehend einen identischen Verlauf mit den südniederfränkischen Isoglossen, die mich, dich, zich, oech („euch“) und ouch („auch“) von den flämisch-brabantischen Formen trennen, aufweist,[12] ist es germanistisch üblich, diese mit der Uerdinger Linie zusammenzufassen und als Isoglossenbündel abzuhandeln. Teile des Südniederfränkischen werden auch als Limburgisch bezeichnet, wobei dieser Begriff in Deutschland weniger üblich ist und weitgehend für die südniederfränkischen Dialekte in Belgien und den Niederlanden.[13]

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ostbergisch wird in einem schmalen Streifen östlich der Uerdinger Linie gesprochen, der von Mülheim an der Ruhr, Essen-Werden und großen Teilen von Essen-Kettwig, Velbert-Langenberg über Wuppertal-Elberfeld, Remscheid-Lüttringhausen, Remscheid-Lennep, Radevormwald, Hückeswagen, Wipperfürth, Marienheide und Gummersbach bis Bergneustadt reicht.

Sachfremdes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mihm kreierte 1992 den Begriff „Rheinmaasländisch“ für die mittelalterlichen Schreibsprachen der Städte im Rhein-Maas-Delta.[14]

Das Ostbergische war auch im 18./19. Jahrhundert nicht, wie das Kleverländische, durch das Neuniederländische überdacht.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Externer Link[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walter Wolf: Das Wendsche Platt: Eine Ermittlungsreise zu den Quellen. Books on Demand, 2021, ISBN 978-3-7543-3975-6, S. 47 (books.google.de).
  2. Pembe Şahiner, Zur Rolle und Funktion der Sprache im Film „Solino“ (2002) von Fatih Akın. section Zum Ruhrdeutschen. In: Deniz Bayrak, Enis Dinç, Yüksel Ekinci, Sarah Reininghaus (Hrsg.): Der deutsch-türkische Film: Neue kulturwissenschaftliche Perspektiven. S. 274.
  3. Georg Cornelissen, Meine Oma spricht noch Platt: Wo bleibt der Dialekt im Rheinland? Greven Verlag, Köln, Kapitel Benrather Linie: Die „fränkischen“ Dialekte am Rhein und ihre Gliederung. S. 40–41 (einschließlich Karte mit „Ostbergisch“)
  4. Hartmut Ronge: Langenscheidt Sprachkalender 2023: Dialekte. Langenscheidt bei PONS, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-12-563533-3.
  5. bergischplatt.de: Das rheinische Platt, Dialektkarte, abgerufen am: 22. Mai 2022.
  6. LVR: Dialekte im Rheinland, Dialektkarte, abgerufen am 5. Juni 2022.
  7. Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte: Dialekte im Rheinland, abgerufen: 5. November 2023.
  8. REDE: WA 526 „mähen“, Karten ID 66, und WA 146 „auch“, Karten ID 139, Überlagerungstendenz 50 %, abgerufen am: 5. November 2023.
  9. Wilhelm Welter: Die Niederfränkischen Mundarten im Nordosten der Provinz Luettich, Springer-Science+Media, B. V., ISBN 978-94-011-8346-8, S. 28.
  10. REDE: WA 146 „auch“, Karten ID 139, und WA 137 „auch“, Karten ID 140, abgerufen: 5. November 2023.
  11. Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“. 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg, 1994, ISBN 3-7708-1034-1.
  12. Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“. 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg, 1994, ISBN 3-7708-1034-1.
  13. Jan Goossens, Die Gliederung des Südniederfränkischen. In: Rheinische Vierteljahrsblätter. Jahrgang 30 1965, Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1965, S. 79–94, hier S. 79: „‚Südniederfränkisch‘ nennt man […] die Mundarten, die […]. Der niederländisch-flämische Teil dieses Gebietes ist unter dem Namen ‚Limburgisch‘ bekannt […].“
  14. Arend Mihm: Sprache und Geschichte am unteren Niederrhein. In: Niederdeutsches Jahrbuch. Band 115, 1992, S. 88–122.