Carnotaurinae

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Carnotaurini)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Carnotaurinae

Skelettabguss von Carnotaurus im Chlupáč Museum in Prag.

Zeitliches Auftreten
Oberkreide (Cenomanium bis Maastrichtium)
100,5 bis 66 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Echsenbeckensaurier (Saurischia)
Theropoda
Ceratosauria
Abelisauroidea
Abelisauridae
Carnotaurinae
Wissenschaftlicher Name
Carnotaurinae
Sereno, 1998

Die Carnotaurinae sind eine Unterfamilie der Abelisauridae innerhalb der theropoden Dinosaurier. Sie fasst die abgeleiteten (fortgeschrittenen) Vertreter der Abelisauridae zusammen, wie Carnotaurus, Aucasaurus, Majungasaurus und Rajasaurus. Vertreter der Carnotaurinae stammen aus der Oberkreide (Cenomanium bis Maastrichtium) von Madagaskar, Indien und Argentinien.

Definition und Gültigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Carnotaurinae wurde erstmals 1998 von dem amerikanischen Paläontologen Paul Sereno vorgeschlagen[1]. Sie ist als Klade definiert, die alle Taxa enthält, die näher mit Carnotaurus als mit Abelisaurus verwandt sind[2]. Da Abelisaurus in den meisten Analysen als ursprünglicher (basaler) Abelisauridae angesehen wird, fassen die Carnotaurinae alle abgeleiteten Abelisauridae zusammen[3].

Das Taxon Carnotaurinae wird nicht von allen Forschern akzeptiert. So kommen Carrano und Sampson (2008) abweichend von anderen Studien zu dem Schluss, dass es sich bei Abelisaurus tatsächlich um einen abgeleiteten Vertreter der Abelisauridae handelt. Nach dieser Analyse würden die Carnotaurinae, der Definition folgend, lediglich die Gattungen Carnotaurus und Ilokelesia umfassen.[3]

Von verschiedenen Vertretern der Carnotaurinae sind hornartige Strukturen auf der Schädeldecke bekannt. Während Carnotaurus ein Paar knapp 15 cm langer[4], vom Stirnbein (Frontale) ausgehender Hörner aufweist, zeigt Majungasaurus einen einzelnen Fortsatz am Stirnbein. Skorpiovenator und Ekrixinatosaurus zeigen lediglich eine erhöhte Postorbitalregion. Paul Sereno und Kollegen (2004) vermuten, dass hornartige Strukturen eine Apomorphie (neu erworbenes Merkmal) der Carnotaurinae darstellen[5]. Canale und Kollegen (2009) widersprechen jedoch und vermuten, dass dieses Merkmal nicht homolog ist, sondern sich mehrmals unabhängig voneinander (konvergent) entwickelte. Sie argumentieren, dass sich die hornartigen Strukturen bei verschiedenen Gattungen hinsichtlich ihrer Position unterscheiden und von unterschiedlichen Knochen gebildet werden.[6]

Innere Systematik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Carnotaurinae sind umstritten. Mit den Carnotaurini und den Brachyrostra wurden zwei Untergruppen aufgestellt, die jedoch nicht allgemein akzeptiert werden.

Die Carnotaurini wurden von Forschern um Rodolfo Coria (2002) als neue Gruppe innerhalb der Carnotaurinae vorgeschlagen. Sie ist definiert als knotenpunktbasiertes Taxon (node based definition), das den letzten gemeinsamen Vorfahren von Carnotaurus sastrei und Aucasaurus garridoi sowie alle Nachfahren dieses Vorfahren umfasst. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass Aucasaurus die Schwestergattung von Carnotaurus darstellt; somit umfassen die Carnotaurini lediglich diese beiden Gattungen.[7] Paul Sereno (2005) erkennt diese Gruppe nicht an, da die systematische Position von Aucasaurus und damit der Inhalt dieser Gruppe unklar sei[8].

Juan Canale und Kollegen (2009) schlagen eine neue Gruppe innerhalb der Carnotaurinae vor, die Brachyrostra (gr. brachy – „kurz“, lat. rostrum – „Schnauze“). Diese Gruppe soll alle Carnotaurinen zusammenfassen, die eine proportional kurze Schnauze, einen stark ornamentierten Schädel und verkleinerte Augenhöhlen aufweisen. Canale und Kollegen ordnen den Brachyrostra die Gattungen Carnotaurus, Aucasaurus, Ilokelesia, Ekrixinatosaurus und Skorpiovenator zu. Die Gattung Majungasaurus, die eine proportional längere Schnauze aufweist, bildet die Schwestergruppe. Die Brachyrostra sind definiert als Klade, die alle Taxa umfasst, die näher mit Carnotaurus sastrei als mit Majungasaurus crenatissimus verwandt sind.[9][10]

Es folgt ein Kladogramm nach Canale und Kollegen (2009):

 Carnotaurinae  

Majungasaurus


 Brachyrostra  
 Carnotaurini  

Carnotaurus


   

Aucasaurus



   

Ilokelesia


   

Skorpiovenator


   

Ekrixinatosaurus






Vorlage:Klade/Wartung/Style
  • Juan I. Canale, Carlos A. Scanferla, Federico L. Agnolin, Fernando E. Novas: New carnivorous dinosaur from the Late Cretaceous of NW Patagonia and the evolution of abelisaurid theropods. In: Die Naturwissenschaften. Bd. 96, Nr. 3, 2009, S. 409–414, doi:10.1007/s00114-008-0487-4.
  • Ariana Paulina Carabajal: The braincase anatomy of Carnotaurus sastrei (Theropoda: Abelisauridae) from the Upper Cretaceous of Patagonia. In: Journal of Vertebrate Paleontology. Bd. 31, Nr. 2, 2011, ISSN 0272-4634, S. 378–386, doi:10.1080/02724634.2011.550354.
  • Matthew T. Carrano, Scott D. Sampson: The Phylogeny of Ceratosauria (Dinosauria: Theropoda). In: Journal of Systematic Palaeontology. Bd. 6, Nr. 2, 2008, ISSN 1477-2019, S. 183–236, doi:10.1017/S1477201907002246.
  • Rodolfo A. Coria, Luis M. Chiappe, Lowell Dingus: A new close relative of Carnotaurus sastrei Bonaparte 1985 (Theropoda: Abelisauridae) from the Late Cretaceous of Patagonia. In: Journal of Vertebrate Paleontology. Bd. 22, Bd. 2, 2002, S. 460–465, doi:10.1671/0272-4634(2002)022[0460:ANCROC]2.0.CO;2.
  • Paul C. Sereno: A rationale for phylogenetic definitions, with application to the higher-level taxonomy of Dinosauria. In: Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie. Abhandlungen. Bd. 210, Nr. 1, 1998, ISSN 0077-7749, S. 41–83.
  • Paul C. Sereno, Jeffrey A. Wilson, Jack L. Conrad: New dinosaurs link southern landmasses in the Mid-Cretaceous. In: Proceedings of the Royal Society. Series C: Biological Sciences. Bd. 271, Nr. 1546, 2004, S. 1325–1330, doi:10.1098/rspb.2004.2692.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Sereno 1998
  2. Paul Sereno: Carnotaurinae. In: taxonsearch.org. Archiviert vom Original am 16. Mai 2012; abgerufen am 16. Juli 2023 (englisch).
  3. a b Carrano und Sampson, S. 202
  4. Carabajal 2011, S. 379
  5. Sereno et al. 2004
  6. Canale et al. 2009, S. 1, 5
  7. Coria et al. 2002, S. 460
  8. Paul Sereno: Carnotaurini. In: taxonsearch.org. Archiviert vom Original am 16. Mai 2012; abgerufen am 16. Juli 2023 (englisch).
  9. Canale et al. 2009
  10. Canale et al. 2009, Supplementary Material, S. 1–2